Parlamentarischer Abend des Netzwerkes Deutsche GesundheitsRegionen (NDGR)

Regionale Lösungen machen Versorgungsverbesserungen schneller & passgenauer

Der Parlamentarische Abend des NDGR fand diesjährig am 28.11.2023 im Kaiserin-Friedrich-Haus in Berlin statt. Die Gesundheitsregion EUREGIO war als NDGR-Mitglied durch den Geschäftsführenden Vorstand Thomas Nerlinger vor Ort mit vertreten.

Neue Leitlinien, mögliche neue Therapieansätze und regional vernetzte Versorgung machen Hoffnung, dass Alzheimer-Demenz und Parkinson bald früher erkannt und besser behandelt werden. Damit dies gelingen kann, braucht es das konzertierte Handeln von Forschung, Versorgung und Patientenorganisationen vor Ort. Gesundheitsregionen engagieren sich hierfür zunehmend und pochen auf den versprochenen Rückenwind durch die Politik.

An Alzheimer und Demenz leiden in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen – und es ist damit zu rechnen, dass die Zahl der Betroffenen in den kommenden Jahren signifikant steigt. Auch Angehörige belastet und fordert die Situation stark. Hinzu kommt, dass Versorgungsangebote für viele Patient:innen noch immer fehlen, so Carina Lummer, die den Parkinson Netzwerke Deutschland e.V. mit Sitz im Klinikum Osnabrück – Mitglied in der Gesundheitsregion EUREGIO – vertritt.

Erfreulicherweise zeichnen sich auf dem Gebiet der Neurologie aktuell Mut machende Forschungsergebnisse für bessere Präventionsansätze und neue Behandlungsmöglichkeiten ab, so Prof. Arno Villringer (Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften sowie Universitätsklinikum Leipzig). V.a. bei der Alzheimer-Demenz öffnen sich erste Türen für bessere Präventionskonzepte und für Behandlungsoptionen, die in der Zukunft Krankheitsverläufe deutlich verlangsamen könnten. Die Herausforderung besteht darin, diese Innovationen zeitnah aufzugreifen und den Patient:innen in allen Teilen des Landes gleichermaßen zur Verfügung zu stellen, ohne die behandelnden Ärzt:innen zu überlasten, betonte Dr. Sabine Köhler (Vorsitzende des Bundesverbandes Deutsche Nervenärzte).
Prof. Karl Einhäupl (Professor für Neurologie und ehem. Vorstandsvorsitzender der Charité, Berlin), zeigte sich zwar nicht ganz so zuversichtlich, sieht aber ebenfalls bessere Möglichkeiten dafür, mit den Erkrankungen menschenwürdiger leben zu können. „Wenn wir die Krankheiten nicht behandeln können, müssen wir mit ihnen leben“, so der Neurologe. Damit dies gelingen kann, sollten regional gute Lösungen vorangetrieben werden, da bundespolitisch Vieles viel zu langsam geht.

Regionale Gestaltungsaktivitäten laufen an

„Entdeckungen werden erst dann zur Innovation, wenn sie bei den Patienten ankommt“, sagt Oliver Stenzel vom Dialogforum Demenz. Gemeinsam mit der stellvertretenden Vorsitzenden des NDGR, Dr. Alexia Zurkuhlen, kündigte er den Startschuss für ein Modellprojekt in Köln an. Am Beispiel der Demenzversorgung in der Stadt Köln wird die Arzneimittelfirma Lilly Deutschland ein Projekt zur Entwicklung eines sektorenübergreifenden Versorgungspfades initiieren. Basis kann dabei die neue S3-Leitlinie Demenzen bilden.

„Dieser ‚Kölner Patientenpfad‘ kann als Blaupause für andere Regionen in Deutschland genutzt werden“, zeigte sich Dr. Zurkuhlen optimistisch. In Sachsen, so Johannes Klaus vom Carus Consilium Sachsen, wird sowohl auf den Ausbau einschlägiger Forschung als auch auf den Brückenschlag zu Versorgungsverbesserungen gesetzt. Gerade in ländlichen Regionen ist Universitätsmedizin immer häufiger gefordert, sich auch für den Transfer von neuen Versorgungskonzepten in die Fläche zu engagieren. Carina Lummer betonte ebenfalls die regionalen Unterschiede in Prävalenz und Versorgungsstrukturen und
die Vorteile des Voneinander-Lernens durch regionale Modelle. Saskia Weiß (Dialogforum Demenz) plädierte für transparentere Strukturen und Sichtbarkeit von Hilfsangeboten, u.a. für die pflegenden Angehörigen.

Auch die anwesenden Bundestagsabgeord­ neten Prof. Dr. Armin Grau (B´90/Grüne), Dr. Georg Kippels (CDU), Kristine Lütke (FDP) und Dirk-Ulrich Mende (SPD) zeigten viel Sympathie für eine Präventions- und Versorgungs-Offensive von Gesundheitsregionen. Sie waren sich darin einig, dass stärkere regionale Gestaltungsmöglichkeiten wichtig seien, um Gesundheit und Pflege bedarfsnaher und passgenauer zu organisieren. Allerdings mussten sie eingestehen, dass die im Koalitionsvertrag der Ampel angekündigten neuen Wege der Stärkung von Gesundheitsregionen noch immer nicht realisiert seien.

Dr. Johannes Nießen (Errichtungsbeauftragter des BIPMAs/kommissarischer Leiter der BZgA) schloss die Diskussionsrunde mit dem besonderen Stellenwert neurodegenerativer Erkrankungen im neuen Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin. Als ehemaliger Gesundheitsamtsleiter durfte er bereits mehrfach die guten Impulse „vor Ort“ mitgestalten und ermunterte alle Anwesenden zur zukünftig guten Zusammenarbeit zu dem Thema.

Starten statt Warten: Vor Ort besser zusammenarbeiten mit einem Regio-Transformationsfonds!

Professor Dr. Josef Hilbert als NDGR-Vorsitzender fasste die „Take-Away Messages“ des Abends zusammen:

  • Wir brauchen vernetzte Versorgung, weil sich hierdurch neue Chancen für bessere Prävention, Frühdiagnostik und Behandlung ergeben.
  • Gesundheitsregionen, Forschung und Patientenorganisationen haben mit der Zusammenarbeit vor Ort begonnen. Kooperationsfähigkeiten werden erpobt und – wo immer möglich – werden auch Ressourcen geteilt.
  • Die Bundespolitik hat die dringende Aufgabe, die lange versprochene Unterstützung für dezentrale Lösungen für Gesundheitsregionen endlich auf den Weg zu bringen!
  • Der Innovationsfonds des G-BA hat sich als Instrument zur Pilotierung neuer Lösungsansätze bewährt. Um evidenzbasierte Neuerungen in die Fläche zu bringen, soll ein „Regio-Transformationsfonds“, der die Funktionsfähigkeit von Pilotprojekten mit pragmatischer Sichtweise der steuernden und der versorgenden Akteure untersucht, helfen, aus Projekten Versorgungsrealität zu machen. Hierzu berichtet der Tagesspiegel am 19.12.2023

Quelle: Bericht NDGR

Fotos: Thomas Nerlinger (Gesundheitsregion EUREGIO)