Patientenlotsen regional verankern

Mehr als 160 Teilnehmende diskutieren am 09.11.2023 in Berlin die regionale Unterstützung von Menschen mit komplexen Versorgungslagen durch Patientenlotsen

Am in Berlin stattfindenden „Tag der Patientenlotsen“ rufen die Veranstalter dazu auf, regionale Lösungen für die Versorgung von Menschen in gesundheitlichen und sozialen Notlagen zu stärken. Patientenlotsen kommt dabei eine entscheidende Rolle zu, berichten Modellprojekte ausgehend von umfassenden Erfahrungen vor Ort. Wie schon im Vorjahr appellieren die Veranstalter: Die Bundesregierung muss die im Koalitionsvertrag formulierte Ankündigung, Patientenlotsen regelhaft zu etablieren, umsetzen. Ein heute vorgestelltes Rechtsgutachten zu bereits existierenden sozialrechtlichen Möglichkeiten für einen regelhaften Anspruch aller Versicherten liefert dazu die Vorlage.

Mehr als 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Gesundheitswesen kamen zum zweiten Tag der Patientenlotsen zusammen – mit dem Ziel, Möglichkeiten für die regionale Verankerung von Patientenlotsen zu erörtern.

Mit vertreten war auch die Gesundheitsregion EUREGIO mit dem Geschäftsführenden Vorstand und operativen Projektleiter des Innovationsfondsprojektes ReKo.

Welche Möglichkeiten sind im Sozialleistungssystem bereits gegeben?

Die drängende Frage der rechtlichen Grundlage für diese neue Versorgungsform ist ein zentrales Thema der Veranstaltung. Welche Möglichkeiten im Sozialleistungssystem für die Installierung von Patientenlotsen bereits gegeben sind, zeigt der Sozialrechtsexperte Prof. Dr. jur. Gerhard Igl mit seinem detaillierten Rechtsgutachten auf. „Das Gutachten ist eine wichtige Grundlage für den von der Koalition angestrebten Pfad zur Implementierung von Patientenlotsen in unserem Gesundheitssystem“, betont Dr. Michael Brinkmeier, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.

Patientenlotsen sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Versorgung

Prof. Dr. Lutz Hager, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Managed Care (BMC), unterstreicht die Bedeutung von Lotsen für eine vernetzte regionale Versorgung: „Gerade in schwierigen Situationen profitieren Patienten von einer koordinierten Versorgung in ihrer Region. Voraussetzung dafür ist, dass sie kompetent durch den SGB-übergreifenden Dschungel gesundheitsrelevanter Leistungen gelotst werden. Patientenlotsen sind daher ein unverzichtbarer Bestandteil regionaler, integrierter und patientenzentrierter Versorgung.“

Bewertung der Wirksamkeit von Lotsen

„Bei der Bewertung der Wirksamkeit von Lotsen ist neben der medizinischen Verbesserung die Frage einer umfassenden Teilhabe in den Mittelpunkt zu stellen “, betont Prof. Dr. Peter Löcherbach, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Case und Care Management. „Die Erfahrungen der verschiedenen Lotsenmodelle verdeutlichen, dass die Intervention stets die gesamte Lebenssituation der Betroffenen umfasst.“ Der Anspruch auf eine Wegleitung (Case- und Care-Management) müsse daher jetzt endlich rechtlich verankert werden.

Joachim Sproß, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke, ergänzt: „Es gilt nun, die gesammelten Erfahrungen zusammenzuführen und Patientenlotsen auch innerhalb des Versorgungssystems sektorübergreifend einzurichten. Die koordinierende Lotsentätigkeit stärkt gerade in der Versorgung von chronischen, seltenen und komplexen Erkrankungen Therapieerfolge.“ Die Gemeinschaft der Patientenlotsen-Projekte stehe dafür bereit und das Interesse der Regionen sei vorhanden.

Der Tag der Patientenlotsen ist eine Gemeinschaftsveranstaltung des Bundesverbands Managed Care e. V. (BMC), der Deutschen Gesellschaft für Case und Care Management (DGCC), der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke und der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Er fand 2022 erstmals in Berlin statt und verknüpft die deutschlandweit über 50 Patientenlotsenprojekte miteinander, die in unterschiedlichen Indikationen Menschen mit komplexen Versorgungslagen unterstützen. Das ReKo-Projekt kann auch als Lotsenprojekt für Altersmedizin (Geriatrie) verstanden werden.

Der Bundesverband Managed Care e.V. (BMC) ist ein pluralistischer Verband, der sich für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems im Sinne einer zukunftsfähigen, qualitätsgesicherten und patientenorientierten Versorgung einsetzt. Die über 230 Mitglieder des BMC repräsentieren nahezu die gesamte Bandbreite der Akteure im Gesundheitswesen. Die Gesundheitsregion EUREGO zählt zu den Mitgliedern.

Die Deutsche Gesellschaft für Care und Case Management (DGCC) fördert die Anwendung und Entwicklung von Care und Case Management im Sozial- und Gesundheitswesen, in der Pflege, im Versicherungswesen und in der Beschäftigungsförderung. Die Gesundheitsregion EUREGO zählt zu den Mitgliedern.

Die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke (DGM) ist die größte und älteste deutsche Selbsthilfeorganisation für Menschen mit neuromuskulären Erkrankungen. Sie vertritt die Interessen der ca. 10.000 Mitglieder gegenüber Politik, fördert Forschung und berät Betroffene.

 Die Schlaganfall-Hilfe ist eine fördernde und helfende Stiftung und gestaltet gleichzeitig aktiv die Struktur des Gesundheitswesens mit. Seit 1993 setzt sich die Schlaganfall-Hilfe für Aufklärung und die Verbesserung der Versorgungssituation von Schlaganfall-Betroffenen ein und bietet Betroffenen Rat und Hilfe.

Quelle: Bericht Deutsche Schlaganfall-Hilfe

Fotos: Thomas Nerlinger (Gesundheitsregion EUREGIO)